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Sparen und Rente Die FIRE-Bewegung – der Traum von finanzieller Unabhängigkeit oder eine Strategie für die Rente?
17. März 2025
Seit einigen Jahren weckt die FIRE-Bewegung (englische Abkürzung für Financial Independence, Retire Early oder Finanzielle Unabhängigkeit, frühzeitige Rente) in den jüngeren Generationen immer mehr Interesse. Der Gedanke, frühzeitig, weit vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter, in Rente zu gehen, ist verlockend, aber ist das für jeden erreichbar? Jenseits des simplen Wunschs, mit dem Arbeiten aufzuhören, beruht der Ansatz auf einem strikten Finanzmanagement und langfristiger Planung. Kann dieses Konzept in Luxemburg mit seinen hohen Lebenshaltungskosten und seinem speziellen Steuersystem wirklich funktionieren? In diesem Artikel erklären wir Ihnen die Grundlagen der FIRE-Bewegung und ihre Grenzen, und legen dar, wie sich das Prinzip in eine Strategie zur Bildung von Kapital für die Altersvorsorge einfügen kann.
Worin besteht die FIRE-Bewegung (Financial Independence, Retire Early) und die 4-Prozent-Regel?

Die FIRE-Bewegung (für Financial Independence, Retire Early) zielt darauf ab, finanzielle Freiheit zu erreichen, um weit vor dem traditionellen Rentenalter in den Ruhestand zu gehen (oft in den Dreißigern oder Vierzigern), es wäre jedoch zu stark vereinfacht, wenn man behaupten würde, dass sie nur darin besteht, früh mit dem Arbeiten aufzuhören. Ihr wesentliches Ziel ist es, im Laufe der Zeit finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, indem man genügend Kapital anspart, um von den Einkünften, die es erzeugt, leben zu können.

Eine häufig genannte Regel ist die 4-Prozent-Regel: etwa das 25-fache der eigenen jährlichen Ausgaben ansparen und dann jedes Jahr 3 bis 4 % des gebildeten Sparkapitals entnehmen, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren. Diese Entnahmerate soll in Verbindung mit einem diversifizierten Portfolio, das sich im Allgemeinen zu 50 % aus Aktien und zu 50 % aus Anleihen zusammensetzt, sicherstellen, dass das Sparkapital für den gesamten Ruhestand ausreicht. Manche Anhänger bevorzugen im Hinblick auf einen eventuellen längeren Ruhestand und auf Marktrisiken einen noch vorsichtigeren Plan (z. B. das 28- bis 30-fache der jährlichen Ausgaben anzustreben, d. h. Entnahmen von ~3,3 %).

Um dieses Ziel zu erreichen, stützt sich die FIRE-Bewegung auf drei grundlegende Prinzipien: extremes Sparen, das 50 bis 70 % des Einkommens der Sparer betreffen kann, strategische Investitionen, die für Erträge aus dem Kapital der Sparer sorgen sollen, und Eindämmung der Ausgaben durch einen minimalistischen Lebensstil.

 

Ursprung der FIRE-Bewegung

Die in den 1990er Jahren in den USA entstandene FIRE-Bewegung wurde in den 2010er Jahren durch Blogs, Podcasts und Online-Foren in der Generation der Millennials populär und fand in den letzten Jahren internationale Verbreitung. In den USA zeigen auch die jüngsten Generationen den Willen, frühzeitig in Rente zu gehen: Eine Umfrage von 2023 ergab, dass 44 % der amerikanischen Angehörigen der Generation Z vor dem Alter von 60 Jahren in den Ruhestand gehen möchten. In der Praxis schaffen es allerdings sehr wenige Personen, in den Vierzigern oder Fünfzigern in Rente zu gehen: Zwischen 2016 und 2022 waren nur 1 % der Amerikaner im Alter von 40-44 Jahren im Ruhestand

Aktuelle Tendenzen

Die FIRE-Bewegung gewinnt weiterhin an Sichtbarkeit, entwickelt sich aber in ihren Praktiken weiter. Die Anhängerschaft ist vielfältiger geworden und umfasst sowohl strikte Anhänger (die so jung wie möglich in den Ruhestand gehen wollen) als auch Vertreter eines moderateren Ansatzes, bei dem es um finanzielle Unabhängigkeit geht, ohne unbedingt mit 35-40 Jahren vollkommen mit dem Arbeiten aufzuhören. Es gibt also Nuancen innerhalb der FIRE-Bewegung und man unterscheidet:

  •  „Lean FIRE“: Die Anhänger dieses minimalistischen Ansatzes verringern ihre jährlichen Ausgaben drastisch, um ausreichend Kapital anzusparen. Das impliziert oft einen simplen Lebensstil mit reduzierten Kosten für Wohnung und Verkehrsmittel und ein streng optimiertes Budget.
  • „Fat FIRE“: Zielt darauf ab, einen komfortablen Lebensstandard zu wahren, ähnlich einer mittleren oder oberen Führungskraft. Das erfordert eine viel größere Anhäufung von Kapital seitens des Sparers, um genügend passive Einkünfte für solch einen angenehmen Lebensstil zu generieren.
  • Die Strategie „Barista FIRE“ oder Halbruhestand ermöglicht einen sanften Übergang. Manche geben ihre Haupttätigkeit auf, nachdem sie ein wesentliches Vermögen angespart haben, üben aber weiter eine Teilzeittätigkeit aus. Das Ziel besteht darin, den finanziellen Druck zu verringern, dadurch, dass ergänzende Einkünfte bestehen bleiben, oft durch eine Tätigkeit, die leichter ist oder besser gefällt.
  • „Coast FIRE“ bzw. der Ansatz, die Investitionen wachsen zu lassen, beruht auf dem Prinzip, am Beginn der Karriere massiv zu sparen und dann das Kapital durch den Zinseszinseffekt ohne weitere Investitionen natürlich wachsen zu lassen. Bei diesem Ansatz muss man sich nicht mehr mit dem aktiven Sparen befassen, arbeitet aber so lange weiter, bis das Kapital einen hinreichenden Betrag erreicht, um die Ausgaben zu decken.

Grenzen des Konzepts

Auch wenn es auf dem Papier verlockend erscheint, hat das Konzept der FIRE-Bewegung einige Grenzen, die angesprochen werden sollten:

  • Das FIRE-Konzept ist offensichtlich nicht für jeden realistisch: Eine derart hohe Sparquote zu erreichen ist bei geringem Einkommen schwierig.
  • Es erfordert eine strikte finanzielle Disziplin und eine frugale Lebensweise, deren Einhaltung über mehrere Jahrzehnte schwer ist, und es unterschätzt die Inflation und unvorhergesehene Ausgaben, wie Krankheitskosten, Wohnkosten oder die Notwendigkeit, die Familie zu unterstützen, was die Umsetzbarkeit der Investitionsstrategie beeinträchtigen kann.
  • Die Abhängigkeit von Anlagen auf Finanzmärkten beinhaltet ebenfalls Risiken, insbesondere während Wirtschaftskrisen, wo der Wert von Investitionen drastisch sinken kann.
  • Schließlich hat auch die Wirtschaftslage Auswirkungen auf die Umsetzbarkeit von FIRE – mit Blick auf steigende Inflation oder unerwartete Zwischenfälle mahnen viele Fachleute zu Flexibilität und Vorsicht (Bildung eines Kapitals für Notfälle, Anpassung der Entnahmeraten bei Bedarf etc.).

Alles in allem geht es bei der FIRE-Bewegung im aktuellen Kontext sowohl um die Suche nach finanzieller Freiheit (freiwillig statt aus Notwendigkeit arbeiten) als auch um den Gedanken eines frühzeitigen Ruhestands, wobei eine Tendenz zur Anpassung der Strategien besteht, damit sie langfristig tragfähig sind.

Vorzeitiger Ruhestand in Luxemburg: Die Bedeutung von persönlichen Ersparnissen angesichts der Probleme des Rentensystems

Das luxemburgische Rentensystem wird oft als eines der großzügigsten in Europa bezeichnet. Im Durchschnitt liegt der Rentenbetrag bei knapp 89 % des letzten Gehalts gegenüber ca. 58 % in der Europäischen Union.

Trotz dieser Großzügigkeit steht das luxemburgische Rentensystem jedoch vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Laut Hochrechnungen der Generalinspektion der Sozialen Sicherheit (IGSS) könnten die aktuellen Reserven des allgemeinen Rentenversicherungssystems schon bis 2045 erschöpft sein, d. h. zwei Jahre früher als ursprünglich berechnet.

Zudem kann angesichts hoher Lebenshaltungskosten eine Mindestrente von 2.293,55 € im Monat unzureichend sein, um alle Ausgaben zu decken, insbesondere für Mieter oder diejenigen, die ihren Lebensstil beibehalten möchten. Das System funktioniert zwar bisher noch gut, aber seine Zukunft ist fraglich. Die Alterung der Bevölkerung und die steigende Zahl von Rentnern werden die Ausgaben des Landes erhöhen, was sich früher oder später auf die Rentenhöhe auswirken wird.

Um finanzielle Unabhängigkeit nach dem Berufsleben zu gewährleisten, ist es daher von größter Bedeutung, so früh wie möglich mit dem Sparen zu beginnen, um Unzulänglichkeiten der gesetzlichen Rente ausgleichen und seinen Lebensstandard im Ruhestand beibehalten zu können

Die FIRE-Bewegung beruht auf einem verlockenden Konzept: finanzielle Unabhängigkeit erreichen, um den Zwängen der Arbeit zu entgehen. Die Umsetzung dieses Vorhabens erfordert jedoch sorgfältige Überlegungen und genaue Planung. Abgesehen von einem vorzeitigen Ruhestand kann es die Bildung eines absichernden Kapitals für die Zukunft ermöglichen. In diesem Sinne ist es entscheidend, die Anlagen zu diversifizieren und einen ergänzenden Pensionsplan vorzusehen.

Häufig gestellte Fragen zur FIRE-Bewegung
Ist das Konzept der FIRE-Bewegung für jeden realistisch?

Die FIRE-Bewegung beruht auf Spar- und Investitionsprinzipien, die für manche Menschen schwer umsetzbar sein können, insbesondere für solche mit geringem Einkommen oder hohen finanziellen Belastungen. Das Konzept erfordert viel Disziplin und eine langfristige Denkweise.

Wieviel muss man sparen, um FIRE zu erreichen?

Es gibt keinen genauen oder allgemeingültigen Betrag, aber die übliche Regel, die von den Anhängern der FIRE-Bewegung vertreten wird, besteht darin, ein Kapital in Höhe des 25-fachen der eigenen jährlichen Ausgaben zu besitzen, um mit einer Entnahmerate von 4 % pro Jahr von den Investitionen leben zu können.

Welche Risiken birgt das FIRE-Konzept?

Zu den Hauptrisiken gehören die Volatilität der Finanzmärkte, Inflation, die Unwägbarkeiten des Lebens (gesundheitliche Probleme, Wohnungsprobleme…) und eine Unterschätzung des eigenen finanziellen Bedarfs auf lange Sicht..

Lässt sich FIRE mit einer klassischen Rente kombinieren?

Ja, manche Anhänger der FIRE-Bewegung entscheiden sich dafür, nicht vollkommen mit dem Arbeiten aufzuhören, sondern vielmehr ihre Erwerbstätigkeit zu verringern. Dies ermöglicht es ihnen, ihr Einkommen zu ergänzen und später eine Rente zu erhalten.

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